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Wohnbauförderung nur noch für gewerbliche Bauträger attraktiv?

Leitartikel Haus & Grund Nr. 01/Jänner-Februar 2020:

Sie ist viel diskutiert und kritische Stimmen meinen, dass sie ihr Ziel verfehle und ausschließlich die Bedürfnisse großer Bauherren bediene. Im vergangenen Jahr beauftragte das Land Vorarlberg eine Studie, die Stärken, Schwächen, Herausforderungen und das Potenzial der Vorarlberger Wohnbauförderung aufzeigen sollte.

Die Studie mit dem nüchternen Titel „Performance der Vorarlberger Wohnbauförderung“ wurde vom IIBW, Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen, erstellt. Das Land Vorarlberg lud unter dem Titel „Gutes Zeugnis für Vorarlbergs Wohnbauförderung“ zur Vorstellung der Studienergebnisse. Fällt das Zeugnis von Wolfgang Amann, geschäftsführender Gesellschafter des IIBW und Studienautor, genauso gut aus? Durchaus, wie er gegenüber „Haus & Grund“ erklärt: „Ja, ich kann dies auf sachlicher Ebene aufgrund der Ergebnisse unterschreiben. Es gibt natürlich Bereiche in denen Handlungsbedarf nötig ist, dort ist bei den agierenden Personen jedoch ein starkes Problembewusstsein zu beobachten.“

Langfristig orientiert
Als überaus positiven Punkt hebt Amann die langfristige Orientierung der Vorarlberger Wohnbauförderung hervor. In den meisten anderen Bundesländern wurden die Systeme geändert. Laut Amann war es in der Vergangenheit sehr reizvoll, auf andere Strukturen zu wechseln – beispielsweise die Umstellung auf Annuitätenzuschüsse. Hierbei können kurzfristig größere finanzielle Spielräume ermöglicht werden. Die Fördernehmer zahlen kurzfristig weniger, aber auf lange Sicht wird es teurer. Vorarlberg hat diesen Trend nicht mitgemacht. Was Vorarlberg dadurch geschafft habe, sei laut Amann der Aufbau eines Puffers für Förderungsdarlehen. Dieser garantiere, dass neue Förderungsvorhaben finanziert werden können.
Amann sieht die Wohnbauförderung in allen Bundesländern als gut funktionierendes Lenkungs- und Unterstützungsinstrument. Ergänzt aber, dass Vorarlberg etwas innovativer als andere Bundesländer sei. Als Beispiel nennt er die Methode der sukzessiv-steigenden Zinsen der Förderungsdarlehen. In den ersten fünf Jahren liegen sie bei 0,5 Prozent und steigen dann langsam bis zu 3,5 Prozent an. „Die Fördernehmer haben das Geld zu dem Zeitpunkt, an dem sie es benötigen. Sie können, wenn es ihnen möglich ist, das Darlehen dann auch frühzeitig zurückzahlen. Der steigende Zinssatz ist dafür ein positiver Anreiz.“ Die Neuvergaben werden deshalb seit einigen Jahren von den Rückflüssen aus der Wohnbauförderung getragen. „Das ist ein selbsterhaltendes System geworden,“ ergänzt Amann. Außerdem sieht er die Vorarlberger Wohnbauförderung als dynamisch an, da hier jährlich neue Richtlinien verlautbart werden und somit auf aktuelle Herausforderungen reagiert werden könne („Haus & Grund“ informierte über die neuen Richtlinien für die Jahre 2020/21).

Wohnbauförderung nicht attraktiv
Handlungsbedarf sieht Amann bei den sinkenden Antragszahlen bei Eigenheimen. Im großvolumigen Neubaubereich seien diese nach wie vor stabil beziehungsweise steigend. Bei den Eigenheimen wäre aber ein deutlicher Abwärtstrend zu erkennen. Im direkten Vergleich: in den Jahren 2017/2018 wurden in Vorarlberg 1.280 großvolumige Wohnbauprojekte unterstützt. Im Gegensatz dazu nur 300 Eigenheime. Dies wird auch auf Ausgabenseite sichtbar. 2018 hat Vorarlberg seine Förderungsausgaben zwar um knapp 5 Prozent erhöht. Gestiegen ist hier aber lediglich die großvolumige Neubauförderung (+6,4 Prozent), während die Ausgaben in der Sanierungsförderung (-11 Prozent) und in der Subjektförderung (-2,6 Prozent) gesunken sind. Glaubt man den Zahlen, so ist die Wohnbauförderung für den klassischen Eigenheim-Bauherren nicht attraktiv genug. Amann verortet diesen Trend zum einen in der Finanzierungspolitik der Banken. „Die Banken werfen den Häuslebauern das Geld fast nach. Es wird mit hohen Beleihungsgrenzen agiert. Teilweise werden bis zu 90 Prozent bei einem Hausbau fremdfinanziert. Dort kann die Wohnbauförderung nicht mithalten.“ Zum anderen sieht er die Problematik aber auch in den Auflagen, die mit der Wohnbauförderung verbunden sind. In Vorarlberg liegt das Hauptaugenmerk der Förderung auf den Bereichen Energieoptimierung, Ökologie und Barrierefreiheit. Auch eine verdichtete Bauweise und kompakte Eigenheime werden stärker gefördert. Dementsprechend streng sind die zu erfüllenden Auflagen. Für Bauherren ist es deshalb häufig unkomplizierter und günstiger, bloß nach regulärer Bauordnung und nicht mit Wohnbauförderung zu bauen. Das bestätigt Amann. „Die Baukosten sind in den meisten Fällen, wenn mit Wohnbauförderung gebaut wird, höher. Auf lange Sicht rechnet es sich aber, da sich diese Häuser dann auf Niedrigenergiestandard befinden und Betriebskosten dauerhaft gesenkt werden können.“

Horrender Preisanstieg
Als besorgniserregend portraitiert die Studie die Preisentwicklung. Vorarlberg ist zum teuersten Pflaster Österreichs geworden. Die Baulandpreise lagen 2018 mit durchschnittlich 410 Euro pro Quadratmeter bei fast dem fünffachen Wert des Bundesdurchschnitts. Die Studie bietet Vorschläge zur Dämpfung der Grundpreisdynamik. Bei Neuwidmungen haben Land und Kommunen vielfältige Lenkungsmöglichkeiten wie unter anderem Vorbehaltsflächen für geförderten Wohnbau, Befristung der Widmung oder auch Einhebung von Infrastrukturabgaben. Die Änderungen des Vorarlberger Raumplanungs- und Grundverkehrsgesetzes hätten zudem die Weichen für innovative Schritte gestellt, um tatsächliche Preissenkungen zu erzielen. Die Studie betont, dass die vorhandenen Instrumente zu einer Preisdämpfung führen könnten, der Erfolg dessen aber von der Entschlossenheit der Gemeinden abhänge.

Neben den Immobilienpreisen steigen auch die Baukosten. „Diese sind hier wesentlich höher als in vielen östlichen Bundesländern,“ betont Amann. „Das liegt an der Abgeschlossenheit des Marktes. Preisbrecher von außen kommen erst gar nicht nach Vorarlberg, denn natürlich weiß die Vorarlberger Bauwirtschaft ihren Markt zu schützen.“ Eine Marktöffnung könnte laut Studie zum Beispiel durch eine Quotenregelung bei öffentlichen Ausschreibungen vorangetrieben werden. Die Modulbauweise, die sich immer größerer Beliebtheit erfreut, wird auch in der Studie als Möglichkeit zur Senkung von Baukosten erwähnt.

Niederschwellig und treffsicher
Amann betont abschließend, dass an der Niederschwelligkeit und der Treffgenauigkeit der Wohnbauförderung, besonders auch bei der Subjektförderung, gearbeitet werden müsse. Wenn sie als Lenkungs- und Unterstützungsinstrument nachhaltig funktionieren solle, müsse sie für potenzielle Fördernehmer als ansprechend und mühelos wahrgenommen werden. Dies sei aktuell nicht der Fall.