Frischer Wind für „Sicher Vermieten“: Kümmerer soll nun Erfolg bringen
Leitartikel Haus & Grund Nr. 3/Mai-Juni 2019:
Leistbarer Wohnraum sowie die knapper werdende Ressource Grund und Boden sind Themen, die ganz Vorarlberg bewegen und auch in Zukunft – bis 2030 wird die Bevölkerung laut Prognosen der Statistik Austria bis auf fast 430.000 anwachsen – beschäftigen werden. Das Land Vorarlberg setzt diesbezüglich verschiedene Maßnahmen. Das im April dieses Jahres beschlossene „Raumbild 2030“ („Haus & Grund“ berichtete) zählt dazu. Im Raumbild wird festgehalten, wie Raum in Vorarlberg gestaltet, genutzt und gespart werden soll, damit Vorarlberg weiterhin seine Lebensqualität hochhalten und der Bodenverbrauch reduziert werden kann.
Fünf gute Gründe
Auch „Sicher Vermieten“ schlägt in diese Kerbe. Das Projekt wurde 2016 von Land Vorarlberg in Zusammenarbeit mit den Gemeinden, der Vorarlberger gemeinnützigen Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft mbH (VOGEWOSI) sowie der Vorarlberger Eigentümervereinigung (VEV) initiiert, um leerstehende Wohnungen wieder oder erstmals dem Markt zuzuführen. Rudolf Erath, seit 1. April 2019 Projektkoordinator von „Sicher Vermieten“, erklärt die wesentlichen Vorzüge: „Jede Wohnung, die über dieses Projekt dem Wohnungsmarkt zugeführt werden kann, bringt fünf große und nachhaltige Vorteile mit sich – Wohnraum wird leistbarer, Bodenressourcen werden geschont, die Umwelt wird geschützt, der Vermieter ist abgesichert und kann zudem den Aufwand rund um die Verwaltung abgeben.“
Zielführende Anpassungen
Von 2016 bis 2019 konnten durch „Sicher Vermieten“ rund 20 Wohnungen für die Vermietung aktiviert werden. Das heißt, ihre Eigentümer haben sich aufgrund des Projektes zur Vermietung entschlossen. Auch wenn diese Zahl dem Umfang einer mittelgroßen Wohnanlage entspricht, war von Anfang an klar – und mehrfach von der VEV gefordert: Es muss mehr getan werden. Die Ergebnisse der Leerstandsstudie ( Haus & Grund“ berichtete) stellten unter Beweis, dass 2.000 Wohnungen in Vorarlberg de facto sofort bezugsfertig wären. Weitere 2.000 bis 4.000 Wohnungen, von insgesamt 29.300 leerstehenden, wären laut Studie nach größeren Renovierungen aktivierbar. Landeshauptmann Markus Wallner formulierte es damals so: „Die Richtung stimmt. Deshalb wollen wir unsere Bemühungen verstärken, präzisieren und dadurch wirksamer gestalten.“ Das Projekt „Sicher Vermieten“ wurde daraufhin nachjustiert. Die zwei wesentlichen Anpassungen: Das Angebot gilt jetzt auch für Einfamilienhäuser – und der von der VEV seit Projektstart geforderte Koordinator hat seine Arbeit aufgenommen.
Persönlich bringt am meisten
Dass es jetzt mit Rudolf Erath, dem Projektkoordinator bzw. Kümmerer einen konkreten Verantwortlichen und eine direkte Ansprechperson gibt, zeigt bereits Wirkung. Erath spricht von 30 Wohnungen, die schon im Projekt sind und von 15 weiteren, die sich gerade in der Planungsphase befinden und bald auf den Wohnungsmarkt kommen werden. Auch einige Einfamilienhäuser können laut Erath aufgrund der Erweiterung von „Sicher Vermieten“ in Bälde dem Mietmarkt zur Verfügung gestellt werden.
In den knapp drei Monaten seit seiner Bestellung hat Erath viel „Aufklärungsarbeit“ geleistet, persönliche Gespräche und Vor-Ort-Besichtigungen gehören zu seinem Alltag. Dort kann er den potenziellen Vermietern erklären, welche Vorteile „Sicher Vermieten“ für sie hat.
Dass das notwendig ist, haben die Ergebnisse der Leerstandsstudie deutlich gezeigt. Zu den Hauptgründen, warum Objekte nicht vermietet werden, zählen unter anderem das komplizierte Mietrecht, der bürokratische Aufwand und möglicher Stress (Ärger mit den Mietern) rund um die Vermietung. Erath berichtet von einem Fall, in welchem ein Mann in ein anderes Bundesland übersiedelte und die Wohnung in Vorarlberg unkompliziert, ohne Aufwand vermieten wollte. In einem anderen Fall ging es um eine geerbte Wohnung. Die Hinterbliebenen waren grundsätzlich gegenüber einer Vermietung nicht abgeneigt. Aber der gefürchtete Aufwand – von Mieterfindung über Vertragserstellung bis zu steuerlichen Angelegenheiten – schreckte die Neo-Eigentümer ab. Diese beiden Wohnungen wären ohne das Projekt wahrscheinlich leerstehend geblieben.
Sicherheit für Vermieter
85 Prozent der in der Leerstandsstudie befragten Eigentümer gaben an, bei geänderten Rahmenbedingungen zu einer Vermietung sehr wohl bereit zu sein. „Sicher Vermieten“ kann zwar grundsätzliche Voraussetzungen wie das MRG nicht ändern. Aber das Projekt bietet Sicherheit auf verschiedensten Ebenen. Ist der Mieter säumig mit Miet- oder Betriebskostenzahlungen oder können Instandsetzungen, die vom Mieter zu zahlen sind, nicht beglichen werden, so haftet das Land Vorarlberg für die Zahlungen. Der Vermieter braucht somit vor Mietausfällen und ähnlichen Problemen keine Angst zu haben.
Die Verwaltung wird bei „Sicher Vermieten“ komplett an die VOGEWOSI übergeben. Für rechtliche Fragen steht das Geschäftsstellen-Team der VEV zur Seite. Und Ansprechpartner Nummer Eins für jeden „Sicher Vermieten“-Vermieter ist Kümmerer Rudolf Erath. „Alle haben meine Handynummer und sie wissen, ich bin jederzeit für sie erreichbar. Zu wissen, es gibt jemanden, den ich anrufen kann und der hilft, ist für viele Vermieter ein wichtiger Punkt.“
Fairer Preis für die Sicherheit
Für das Rundum-Sorglos-Paket, als das „Sicher Vermieten“ durchaus bezeichnet werden kann, muss der Vermieter bereit sein, seine Immobilie – egal ob Wohnung oder Haus – zu einem Mietzins, der 20 Prozent unter dem Vorarlberger Richtwert liegt, zu vermieten. In Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern ist dieser mit 7,14 Euro pro Quadratmeter, in größeren Gemeinden mit 8,02 Euro festgesetzt.
Schrittweise Aktivierung
Mit Rudolf Erath als Koordinator und der aktuellen Medienkampagne, die den Bekanntheitsgrad des Projektes erhöhen soll, hat „Sicher Vermieten“ einen wichtigen Schritt gemacht. Erath ist überzeugt, dass die Vorgaben – mindestens 40 Objekte zu aktivieren – in diesem Jahr erreicht werden können. Im kommenden Jahr soll die Zielvorgabe laut Karl Fenkart, Leiter der Abteilung Vermögensverwaltung beim Land Vorarlberg, deutlich erhöht werden und das Projekt somit volle Fahrt aufnehmen.