Die Notwendigkeit des kleinen Vermieters
Leitartikel Haus & Grund Nr. 6/November-Dezember 2024:
Der Begriff kleiner Vermieter kommt immer wieder mal auf. Auch in medialen Berichten. Gerade zur Corona-Zeit häuften sich Beiträge über die Sorgen der kleinen Vermieter. Aber was ist der kleine Vermieter genau? Nach einer Idee von VEV-Präsident RA Dr. Markus Hagen wäre der kleine Vermieter in einem geänderten MRG wie folgt zu definieren: Der kleine Vermieter wäre ein Eigentümer, der höchstens fünf Objekte vermietet. Typischerweise ist dieser rechtlich unerfahren, fühlt sich vom Mietrechtsgesetz (MRG) und dessen Auswirkungen überfordert und hat eine enge Beziehung zu seinem Mietobjekt. Ein möglicher zukünftiger Eigenbedarf – sei es für die Nachkommen oder als Alterswohnsitz – ist für ihn von großer Bedeutung.
Warum genau die Zahl fünf? Bei Vermietungen kommt teilweise auch das Konsumentenschutzgesetz zu tragen. In einer Rechtsentscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) wurde im Jahr 2016 bereits klar definiert, dass Vermieter mit bis zu fünf Wohnungen als kleine Vermieter gelten. Ab der sechsten vermieteten Wohnung wird man zum unternehmerischen Vermieter und hat somit zusätzliche Pflichten. Diese Unterscheidung findet sich im MRG nicht wieder. Es wäre naheliegend, dies zu übernehmen.
Die Notwendigkeit des kleinen Vermieters
Der Hauptgrund von Nicht-Vermietungen, also das bewusste leer stehen lassen von Wohnimmobilien (Wohnung und Haus), ist laut Leerstandsstudie des Land Vorarlberg aus dem Jahr 2018, die Angst des Vermieters vor der Vermietung. Der Mieter ist in Österreich umfassend geschützt. Der Vermieter hingegen kaum bis gar nicht. Den Vermieterschutz sieht Hagen gerade bei den kleinen, privaten Vermietern als notwendig. „Unternehmerische Vermieter wie Banken oder Versicherungen setzen sich tagtäglich mit der Materie auseinander, sind up to date was Rechte und Pflichten anbelangt und haben die Mittel, um auch unterlaufene Fehler auszumerzen oder auch von Mietern verursachte Schäden an Objekten zu beseitigen – hier wird hochprofessionell vermietet. Hier geht es ums Geschäft. Dort ist ein hoher Mieterschutz auch wichtig. Bei kleinen Vermietern sieht die Situation aber gänzlich anders aus. Und trotzdem werden sie im MRG gleich wie ein unternehmerischer Vermieter behandelt.“
Geht’s dem Vermieter gut…
Seit Jahren werden Mieter und Vermieter im politisch-medialen Verwirrspiel gegeneinander aufgehetzt. „Böser Vermieter, guter Mieter“ – diese Schwarz-Weiß-Malerei entspricht nicht der Realität. Natürlich gibt es schlechte Vermieter wie auch schlechte Mieter. Wenn aber die Angst des kleinen, privaten Vermieters, vor einem problematischen Mieter so groß ist, dass er gar nicht erst vermietet, wirkt sich das negativ auf den Wohnungsmarkt aus – letztlich auch auf die Mieter selbst. Ein Teufelskreis.
Eine Großzahl an zufriedener kleiner Vermieter, könnte unter anderem dazu beitragen, dass die Mietpreise nicht weiter ins Exorbitante steigen. Kleine Vermieter sind öfters bereit niedrigere Mieten zu verlangen und indexieren die Mieten seltener. Eine gute Mischung von privaten und unternehmerischen Vermietern ist die Basis für einen fairen und stabilen Wohnungsmarkt. Die Auswahl der Immobilien wird breiter, der Wettbewerb wird höher – mit dem für die Mieter positiven Effekt der langsamer steigenden Mietpreise. Ein Wohnungsmarkt, der auf vielen diversen Vermieterschultern ruht, ist nicht nur krisensicherer, sondern verhindert auch ungleichmäßig verteilte Machtverhältnisse.
Viele kleine Vermieter zu motivieren, ihre Wohnungen dem Markt zuzuführen oder auf dem Markt zu lassen, müsste somit das Ziel der politischen Entscheider und Vertreter sein. Die Vielzahl der Pflichten für Vermieter und die immer mehr werdenden Belastungen für Vermieter (Leerstandsabgabe und Co.) bewirken das Gegenteil. Immer mehr kleine Vermieter können die Lasten nicht mehr stemmen, geben die Vermietung auf oder verkaufen ihre Immobilien. Der Wohnungsmarkt wird zusehends auf weniger Schultern, und dazu noch auf jene, die rein unternehmerisch vermieten, verteilt. Keine gesunde Entwicklung.
Kleiner Vermieter = Vermieterschutz
„Vermieten ist für viele kleine, private Vermieter eine Last, eine Belastung. Es muss Auftrag der Politik sein, im Sinne von Vermietern wie Mietern, die Last der kleinen Vermieter zu verringern”, so Hagen. Die Rezepte dafür liegen seit Jahren vor. „Es geht darum, dass kleine Vermieter genauso geschützt wie Mieter gehören. Das Verhältnis muss ausgeglichen sein.” Schon 2019 beim Wohnrechtskonvent präsentierte Hagen in seinem Vortrag konkrete Lösungsvorschläge für die rechtliche Etablierung des kleinen Vermieters:
- Freie Wahl der Befristungsdauer von Mietverträgen – keine Mindestbefristung von drei Jahren.
- Mündliche Verträge müssen wieder gültig sein. Bei fehlender schriftlicher Vereinbarung der Befristung/Vertragsdauer oder bei einem reinen „Berechnungsfehler“ der Vertragsdauer, soll kein unbefristeter und kündigungsgeschützter Mietvertrag mehr entstehen können, welcher einer de facto Enteignung gleichkommt
- Durchsetzbare Kündigungsgründe für die Vermieter (z. B. Eigenbedarfskündigung ist totes Recht) müssen geschaffen werden.
- Abschaffung des Befristungsabschlages von 25% vom Mietzins bei befristeter Mietdauer im Vollanwendungsbereich des MRG.
- Freie marktkonforme Mietzinsbildung für alle Mietverhältnisse.
- Eintrittsrechte naher Angehöriger in Mietverhältnisse müssen zeitlich befristet werden, um Missbrauch zu vermeiden.
Kleine Fehler, verheerende Folgen
Kleine, private Vermieter sind keine Vermietungsprofis. Wer sich nicht tagtäglich mit der Materie auseinandersetzt, dem unterlaufen leicht Fehler. Diese Fehler können, wie eingangs erwähnt, für kleine Vermieter verheerende Folgen haben. Ein Fehler in der Befristung des Mietvertrages könnte zum Beispiel dazu führen, dass der Vertrag unbefristet wird. So kann eine enteignungsähnliche Situation entstehen. Oder: Wird beispielsweise versäumt, den Vertrag rechtzeitig zu verlängern (und richtig zu befristen), kann dies zu einer unbefristeten Mietbeziehung führen, die praktisch seitens des Vermieters nicht mehr zu lösen ist. Der Vermieter sitzt dann mit einem Mieter in der Wohnung, der über Generationen hinweg dort bleiben kann, ohne dass eine Möglichkeit zur Beendigung des Mietverhältnisses besteht. Diese Unsicherheit macht viele kleinere Vermieter nervös. Um diese Sorgen zu adressieren, wäre es wichtig, den kleinen Vermieter vor der Gefahr der ewigen unbefristeten Vermietung zu schützen und die Regelungen so zu gestalten, dass ein kleiner Fehler nicht zum unauflösbaren Vertrag führt.
Appell an die Entscheider
Es ist Zeit, den kleinen Vermieter stärker zu unterstützen und die gesetzlichen Rahmenbedingungen anzupassen. Der kleine Vermieter ist ein wichtiger Teil des österreichischen Wohnungsmarktes, wird jedoch durch bürokratische Hürden und rechtliche Unsicherheiten immer mehr belastet. Wenn die Politik diese Gruppe nicht entlastet, drohen weiterer Leerstand und eine weitere Konzentration des Marktes auf große Unternehmen – zum Nachteil der Mieter. Die Lösungen sind bekannt und müssten nur umgesetzt werden.