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Covid-19: Was sie über Mietzinsrückstände und Zahlungsentgang wissen müssen

Leitartikel Haus & Grund Nr. 02/März-April 2020:

Das gewohnte Leben wurde in den letzten Wochen und Monaten durch COVID-19 auf den Kopf gestellt. Eine Krise, die tagtäglich neue Fragen aufwirft – auch für Vermieter. Haus & Grund hat die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema zusammengefasst.

Darf ein Geschäftsraummieter die Mietzinszahlungen einstellen beziehungsweise reduzieren, wenn er sein Geschäft aufgrund der Maßnahmen nicht oder nur eingeschränkt betreiben kann?
Nach dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch, § 1104 ABGB, besteht ein Miet- oder Pachtzinsbefreiungsanspruch, wenn die in Bestand genommene Sache (das Geschäftslokal) wegen eines außerordentlichen Zufalls – Feuer, Krieg, oder Seuche, große Überschwemmungen, Wetterschläge, oder wegen gänzlichen Misswachses – gar nicht gebraucht oder benutzt werden kann. Mit der Coronakrise liegt der Fall einer Seuche vor. Jedoch ist der Mietgegenstand, das Geschäftslokal, durch das Virus nicht automatisch unbrauchbar geworden. Vielmehr wurde die Benutzung aufgrund einer behördlich/gesetzlich angeordneten Schließung eingeschränkt. Da derzeit noch keine Rechtsprechung vorliegt ist nicht gänzlich klar, wann und ob der Mieter aufgrund eines außerordentlichen Zufalls berechtigt ist den Mietzins komplett entfallen zu lassen beziehungsweise in welchem Ausmaß dieser zu reduzieren ist.

Wie sollte der Vermieter in diesen Fällen reagieren?
Hier gilt es zunächst den Mietvertrag zu prüfen. Der Tatbestand des außerordentlichen Zufalls kann per Mietvertrag oder auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen werden. Der Mieter müsste sich hier ausdrücklich dazu verpflichtet haben, nicht nur unbestimmt alle Gefahren auf sich zu nehmen, sondern auch alle außerordentlichen Unglücksfälle zu tragen. Achtung: Diese Vereinbarungen bergen die Gefahr einer gröblichen Benachteiligung des Mieters und sind unter Umständen unwirksam. Ist der Vertrag geprüft, kann zusätzlich beurteilt werden, ob und in welchem Maße Brauchbarkeit beziehungsweise Unbrauchbarkeit des Mietobjekts vorliegt. Die Brauchbarkeit hängt unter anderem vom Mietzweck ab. Wurde eine Räumlichkeit gemietet, um ein Restaurant zu betreiben, so war es in den vier Wochen des Lockdowns nicht möglich auch nur einen Minimalbetrieb aufrecht zu erhalten, sofern auch keine Möglichkeit für einen Lieferservice bestanden hat. Hier läge wohl die Möglichkeit eines Mietzinsentfalls oder zumindest einer Reduktion vor. Grundsätzlich gilt: Jeder Fall muss gesondert und im Detail betrachtet werden.

Welche Hilfspakete hat die Bundesregierung für betroffene Mieter von Geschäftsräumen geschnürt?
Empfehlenswert ist auf jeden Fall: Mieter und Vermieter des Geschäftsraumes sollten versuchen eine gemeinsame gangbare Lösung für beide Seiten zu finden. Zudem beinhaltet das Corona-Hilfspaket der Österreichischen Bundesregierung mögliche Fixkostenzuschüsse für Unternehmen. Geschäftsraummieten zählen zu den Fixkosten. Der Zuschuss kann aber nur beantragt werden, wenn der Mietzins nicht reduziert werden konnte und die Nutzung der Räumlichkeiten in unmittelbarem Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit steht. Außerdem muss das betroffene Unternehmen im Jahr 2020 während der Coronakrise – ab 16. März bis maximal 16. Juni – einen Umsatzverlust von zumindest 40 Prozent aufgrund der Verbreitung des Virus erlitten haben. Anträge können ab 15. April bis 31. Dezember 2020 via online Tool des AWS (Austria Wirtschaftsservice, Webadresse siehe Infobox) eingebracht werden.

Wie sieht es bei Wohnungsvermietungen aus? Was muss ein Vermieter jetzt bei Zahlungsrückständen seiner Mieter beachten?
Mit dem dritten Coronavirus-Paket (Anfang April 2020) hat der Nationalrat Erleichterungen und den Schutz für Mieter beschlossen. Wer aufgrund der Coronakrise zum Beispiel den Job verloren hat oder in Kurzarbeit ist und deshalb den Mietzahlungen nicht mehr nachkommen kann, muss keine Mietvertragskündigung oder gar Delogierung befürchten. Bis 31. Dezember 2020 haben Mieter die Möglichkeit, die nicht getätigten Mietzahlungen der Monate April bis Juni nachzuholen. Wichtig zu beachten ist, dass nicht nur der ausständige Mietzins bis zum 31. Dezember 2020 fällig wird, sondern auch Verzugszinsen (4% p.a.) vom Mieter beglichen werden müssen. Dies soll bewirken, dass wirklich nur zahlungsunfähige, von der Krise betroffene Mieter von dieser Möglichkeit Gebrauch machen.
Für Vermieter ist gut zu wissen: Der nicht zahlende Mieter muss nachweisen, dass seine Zahlungsunfähigkeit durch die Pandemie verursacht worden ist. Wer bei vollen Bezügen im Homeoffice arbeitet, kann nicht einfach die Mietzahlungen einstellen. Die Kaution darf übrigens nicht zur Deckung des Mietentfalls herangezogen werden. Stammen die Mietrückstände aus den Monaten vor April 2020 oder ab Juli 2020 so kann der Vermieter wie üblich vorgehen und sie sofort einklagen.

Ab wann sind solche Zahlungsrückstände aufgrund von COVID-19 wieder einklagbar?
Hier ist die Antwort eindeutig. Ab 1. Jänner 2021 kann der ausständige Mietzins samt den Verzugszinsen aus den Monaten April bis Juni 2020 vom Vermieter eingeklagt werden. Sofern sie bis zu jenem Zeitpunkt nicht beglichen worden sind. Was aber nicht möglich ist und zwar bis Ende Juni 2022: Mietverhältnisse dürfen bis dahin nicht aufgrund von Mietzinsrückständen aus oben genanntem Zeitraum aufgelöst werden.

Welche Möglichkeiten hat der Vermieter bei Ablauf eines befristeten Mietvertrages, wenn der Mieter aufgrund der aktuellen Situation nicht ausziehen kann?
Auch hier gibt es eine Sonderregelung. Würde ein befristeter Mietvertrag im Zeitfenster nach 30. März und vor 1. Juli 2020 auslaufen, so könnten sich hier Vermieter und Mieter bei Bedarf einvernehmlich auf die Vertragsverlängerung bis maximal 31. Dezember 2020 einigen. Achtung: Eine solche Vertragsverlängerung muss unbedingt, um gültig zu sein, schriftlich vereinbart und von den Vertragsparteien unterschrieben werden! Für diese Ausnahme-Vertragsverlängerung gilt einmalig die im Mietrechtsgesetz vorgesehene Mindestbefristungsdauer von drei Jahren nicht.

Was tun, wenn Vermieter aufgrund ausstehender Mieteinnahmen selbst in prekäre finanzielle Situationen geraten?
Der Nationalrat hat mit dem COVID-19-Krisenbewältigungsfond die gesetzliche Grundlage geschaffen, um diese Ausnahmesituation zu bewältigen und somit finanzielle Unterstützung dort leisten zu können, wo sie notwendig ist. Sollten Vermieter durch die Zurückbehaltung des Mietzinses durch Ihren Mieter in finanzielle Bedrängnis gekommen sein und somit bestehende Kreditrückzahlungen nicht geleistet werden können, sollte eine Stundung beantragt werden. Auch hier gilt: Kredite, die vor dem 15. März 2020 geschlossen wurden, können für drei Monate – ab 1. April bis Ende Juni 2020 gestundet werden, sofern die fälligen Zahlungen bedingt durch Einkommensausfälle im Zusammenhang mit COVID-19 nicht geleistet werden können. Es handelt sich hierbei um eine echte Stundung. Der Schuldner gerät nicht in Verzug.